«Oh Gott oh Gott, die ganze Bürokratie! Es ist soooo kompliziert und teuer! Wir brauchen einen Agenten, dann ist da irgendwas mit Leinen und Fendern und die Marina ist auch so teuer… kann mir irgendjemand sagen, wie das dort überhaupt alles läuft?»
So oder so ähnlich waren meine Gedankengänge bevor wir nach Panama segelten und als wir dort ankamen stellten wir fest, dass es im Grunde allen anderen auch so ging. Aber wir haben noch etwas festgestellt: Alle, die den Kanal schon einmal durchquert haben, versicherten uns, dass es gar kein Problem sei. Nun haben auch wir den Kanal seit längerem hinter uns und es war nicht nur kein Problem, es hat sogar Spaß gemacht und wurde zu einem eigenen Kapitel unserer Weltumsegelung.
Ein paar Gedanken vorweg, um schonmal für etwas Entspannung zu sorgen:
1.: Die Mitarbeiter der Kanalbehörde sprechen sehr gutes Englisch und sind darum bemüht zu helfen. Man kann dort mehrmals täglich anrufen und wird trotzdem auf offene Ohren und Hilfsbereitschaft stoßen.
2.: Vergessen Sie den Agenten! Der kostet nur Geld und macht im Endeffekt alles nur komplizierter. Man kommt mit allem sehr gut allein zurecht.
3.: Der Prozess von der ersten Anmeldung bis zur tatsächlichen Passage kann sich etwas hinziehen (von einigen Tagen bis hin zu vier Wochen). Verbringen sie die Zeit in Portobelo. Das sind nur achtzehn Meilen nordöstlich von Colon. Hier Ankert man kostenlos in einer schönen Bucht umgeben von Dschungel und alten Festungsruinen. Möglichkeiten zum Einkaufen gibt es im Ort und es ist soooooo viel schöner als Colon.
Nun aber zur Anleitung zu einer entspannten und erlebnisreichen Passage des Panamakanals (wie wir es gemacht haben):
1. Anmelden
Dafür brauchen Sie NICHT in Colon sein. Die Anmeldung geschieht vie Email. Füllen Sie das Formular 4405.pdf aus und senden Sie es an folgende Email-Adresse: optc-ara@pancanal.com
Das war es schon!
2. Vermessen
Dafür müssen sie in Colon sein, genauer gesagt in den Flats (Waypoint 09°20,6’ N, 079°54,7’ W)
Nachdem Sie Ihre Anmeldungsmail abgeschickt haben, können Sie sich telefonisch unter (507)2293 bei der Kanalbehörde erkundigen ob a) Ihre Anmeldung eingegangen ist (einfach schön zu hören) und b) wann ihr Vermessungstermin ist.
Ihnen wird ein Datum (in der Regel nur ein oder zwei Tage nach der Anmeldung) und eine Uhrzeit genannt. Die Uhrzeit ist nicht allzu genau zu nehmen. Lieber zwei Stunden früher da sein und dann vier Stunden Pause machen. Die Jungs sind a) Mittelamerikaner und b) wirklich beschäftigt mit den großen Pötten. Da spielt so eine kleine Segelyacht wirklich keine große Rolle.
Bei der Vermessung wird der gesamte Papierkram erledigt und Ihr Boot vermessen. Der zuständige Mitarbeiter wird mit einem Boot von der Kanalbehörde bei Ihnen abgesetzt. Seien Sie freundlich! Die Mitarbeiter wollen Ihnen in der Regel helfen und nicht das Leben schwer machen. Niemand hat hier ein Interesse daran, dass Sie nicht in den Panamakanal dürfen. Wir haben Boote von 27 Fuß und 10 PS ohne Klo getroffen, die ohne Murren durchgelassen wurden.
Offiziell müssen Sie bei der Vermessung bereits Fender und Leinen an Bord haben. Es ist jedoch auch möglich, anzugeben, dass man diese später bei einem Agenten mieten wird.
Nachdem die Vermessung erledigt ist, werden Ihnen die benötigten Papiere ausgehändigt, die Sie zum Bezahlen und am Tag der Passage brauchen. Außerdem bekommt Ihr Boot eine Registrierungsnummer für den Panamakanal, die Lebenslang gültig ist. (irgendwie cool, oder?)
3. Bezahlen
Nun wechseln Sie ihren Ankerplatz zum Waypoint 09°21,8 N ; 079°53,6’ W. Dies ist der Colon Yachtclub. Hier können Sie für ein kleines Trinkgeld mit dem Dinghy anlanden oder Sie landen frech am Strand an, wie wir es gemacht haben.Dann geht es mit dem Taxi zur City-Bank, um zu bezahlen. Für uns waren es am Ende (abzüglich des Depositums für Eventualitäten wie Schleppereinsatz o.ä.) um die 900 €. Ist das erledigt, hat man es erst einmal geschafft. Zwölf Stunden nach der Einzahlung kann man sich telefonisch erkundigen, wann der Termin für die Passage des Panamakanals ist.
4. Warten
Nun beginnt das große Warten Für uns war der Termin vier Wochen nach der Vermessung, wir sind dann aber zwei Wochen vorgerutscht. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, die Wartezeit in Portobelo oder Puerto Lindo zu verbringen. Leinen und Pfänder können telefonisch bei vielen Txifahrern gemietet werden, die das als Nebengeschäft betreiben. Rufen Sie ruhig öfter mal bei der Kanalbehörde an. Wir wurden nicht einmal unfreundlich behandelt und wir haben oft angerufen, in der Hoffnung, doch noch ein bisschen früher dranzukommen.
Vergessen Sie aber bei der Warterei nicht, sich um die Leinen, Fender und Ihre Linehandler zu kümmern. Normalerweise helfen sich die Boote hier gegenseitig. Fahren Sie ruhig mit einem anderen Boot schon einmal mit. Das senkt den Stressfaktor bei der eigenen Passage erheblich und hilft den anderen enorm.
5. Die Passage
Ist der große Tag gekommen, geht es wieder an den Ankerplatz, wo Sie schon zum Vermessen gelegen haben. Der Panamakanal darf nicht ohne Advisor befahren werden und so bekommen Sie Ihren persönlichen Piloten an Bord, der wieder mit einem Boot der Kanalbehörde angeliefert wird. Er wird ihnen während der gesamten Passage sagen, was Sie zu machen haben. Dafür muss er fürstlich bewirtet werden. Laut Vertrag haben die Advisor ein Recht auf zwei Malzeiten pro Tag an Bord sowie ausreichend Wasser in versiegelten Flaschen (also einfach Wasser aus dem Supermarkt). Bekommen sie das nicht, kann es teuer werden. Da aber auf der Passage des Kanals selbst (nicht in den Schleusen) sowieso nichts anderes passiert, als Geradeaus fahren, ist viel Zeit zum Kaffee machen und Essen kochen. Ein paar Kekse und Obst zwischendurch und alle sind glücklich.
6. Willkommen im Pazifik
Plötzlich ist alles geschafft. Der Advisor wurde auf der anderen Seite wieder abgeholt und man liegt im Pazifik. Wohin nun? Die schönste Variante wäre sicherlich, direkt einfach nach Westen weiterfahren aber die meisten werden doch ein paar Tage in Panama City bleiben wollen. Wir haben in Las Brisas geankert. (08°55,2’ N, 079°31,7’ W)Kaum Wellen und das Ankern ist kostenlos. Das Anlanden mit dem Dinghy ist ein bisschen umständlich, vielleicht ist aber auch inzwischen das Dinghydock zur Nutzung freigegeben, dann ist alles kein Problem. Der Taxifahrer wird ihre Leinen wieder abholen und Ihre Linehandler können Sie hier auch absetzen. Der Bus fährt für ungefähr einen Dollar in die Stadt zum Einkaufen. Nun nur noch ausklarieren und auf in die Inselwelt des Pazifiks!
Für uns war der Panamakanal wie gesagt ein Abenteuer und ein tolles Erlebnis, an das wir gerne zurückdenken. Wir haben viele Leute getroffen, sind als Linehandler mit anderen Booten gesegelt und haben handzahme Affen mit Bananen gefüttert.
Haben Sie noch Fragen, schreiben Sie gern einen Kommentar.
Noch eines: Keinen Agenten!!! Es wird nur teurer und komplizierter!
Hier noch einmal in ganz kurzer Form die Schritte zu Ihrer Passage des Panamakanals:
1. Anmelden via Email
2. Vermessen
3. Bezahlen
4. Fender, Leinen und Linehandler besorgen
5. Der Kanalbehörde wegen des Termins auf den Geist gehen
6. Panamakanal genießen
Und nun viel Spaß!