Die andere Seite der Welt, Wir haben sie gefunden!

Ich denke, jeder kennt diese Szene aus dem Trickfilm oder kann sie sich zumindest vorstellen:

Auf einer kleinen Insel in der Südsee steht ein Vulkan, aus dem der Rauch in den Himmel zieht. Während am Strand die Kokospalmen im Wind rauschen und die Brandung an den Strand rollt, ist eine Gruppe Kannibalen damit beschäftigt, einen weißen Wissenschaftler oder Missionar, der sauber an einen Bambuspfahl gebunden ist, auf ihren Schultern auf den Vulkan zu schleppen, um ihn dort zum Abendessen zu grillen.

Diese Insel gibt es wirklich und wir haben sie gefunden. Sie heißt Tanna und liegt im Inselstaat Vanuatu, ungefähr 2.000 km nordöstlich von Australien.

Natürlich werden hier keine Menschen (mehr) verspeist, aber Palmen, Strand und Vulkan sind wie sie sein sollen. In der Nacht sieht man einen orangen Schimmer auf den Gipfeln, wenn die Eruptionen sich in den Wolken spiegeln und überall um unsere Ankerbucht steigen Dampfwolken aus dem Gestein.

Wir sind nun schon seit fast acht Monaten hier und dieses Land ist uns ans Herz gewachsen wie kaum ein anderes zuvor seit wir in einer kleinen Grundschule Arbeit als Informatiklehrer gefunden haben. Die Schule in Port Resolution, unserer Ankerbucht in Tanna, bekam vom Rotary Club in Australien ein Computerkabinett gesponsert. Unsere Aufgabe ist es seit dem, sowohl den Schülern als auch einer Reihe Erwachsener einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Computer und dem Internet beizubringen. In der Zwischenzeit hatten wir natürlich auch Zeit, uns anderweitig im Land umzuschauen und seine Bevölkerung und Kultur näher kennenzulernen.

Spannende Informationen rund um Vanuatu findet ihr unter der Rubrik „Seemannsgarn“, außerdem gibt’s ein paar Videos und eine Menge Facebookbilder, die euch einen Einblick in unser Leben hier geben!

Viel Spaß!

Unter Segel, Kurs nach West!

Amanda-Trabanthea segelt wieder und das mehr denn je. Inzwischen haben wir den Pazifik, den größten Ozean unseres Planeten, und damit ein Drittel seiner Oberfläche durchquert.

„Wie? Was? Ich denke ihr seid mit dem Auto unterwegs? Ich denke Weltumsegelung wird nichts?“

Ja, liebe Leser, an dieser Stelle ist eine Entschuldigung fällig. Es ist in den letzten 18 Monaten so dermaßen viel geschehen, dass ich die Homepage sträflich vernachlässigt habe, ich gelobe Besserung! Aber der Reihe nach.

Unsere Südamerika-Tour führte uns an atemberaubende Plätze. Nachdem wir Peru hinter uns gelassen hatten, verbrachten wir ungefähr einen Monat im Altiplano, einer gewaltigen Hochebene in den Anden. Wir lebten für drei Wochen auf über dreitausend Metern Höhe, Feuerholz war so selten, dass wir es bei den seltenen Gelegenheiten auf dem Dach bunkerten und beim Schlafen froren uns die Haare am Fenster fest. Dafür wurden wir entschädigt mit 900 Kilometern Wüstenpiste, Flüssen, die überquert werden mussten, einem Eisenbahnfriedhof um der größten Salzwüste der Welt, dem Salar von Uyuni. Bis an den Horizont reichte die bis zu 6 Metern dicke Salzschicht, auf der wir einen Kompass brauchten, um in die nächste Stadt zu finden. Nachdem wir es nahezu ohne Pannen nach Chile geschafft hatten, lagen dort plötzlich fast 3.000 Kilometer Asphalt vor uns, die uns binnen weniger Tage bis nach Punta Arenas im Süden Patagonias brachten. Von Punta Arenas aus brauchten wir nur noch eine Stunde und dann war Feierabend, weiter südlich kann man mit dem Auto auf dieser Welt nicht fahren (außer wenn man mit einem Schiff noch auf eine kleine Insel südlich des Kontinents fährt, aber wer wird denn kleinlich sein?). Hier saßen wir dick eingepackt am Strand am Lagerfeuer und genossen die Aussicht auf die Magellanstraße. Zwischen Gletscher bedeckten Bergen flossen hier Atlantik und Pazifik in einander, tummeln sich Wale, Seelöwen und Pinguine und hier segelte vor über 400 Jahren Magellan mit seiner Flotte vorbei und war damit der erste Europäer, der ein Schiff in den Pazifik segelte. Das heizte unsere Phantasie an und wir begannen an unsere arme „Amanda-Trabanthea“ zu denken, die gerade verlassen im Dschungel von Guatemala vor sich hin schaukelte und Moos und Schimmel ansetzte.

„Also, wenn schon Weltumsegelung, dann richtig! Panamakanal ist doch Betrug, das kann jeder! Lass es uns noch mal versuchen, Amanda packt das, sie braucht nur einen gehörigen Arbeitseinsatz!“

Blick auf die Getscher in er Magellanstraße

Binnen zwei Tagen hatten wir unseren Plan grob fertig. Zuerst unsere Südamerika-Tour in Ruhe beenden, das Auto verkaufen, zurück nach Hause, dort ein halbes Jahr arbeiten, mit dem Geld in Guatemala das Boot flott machen und dann gegen Wind und Strom aus der Karibik in Richtung Osten und dann nach Süden. Patagonien wir kommen!

Ein Pinguin wollte in den Arm genommen werden.

Nach dem wir auf Feuerland noch mit ein paar Königspinguinen Bekanntschaft  geschlossen hatten, fuhren wir Atlantikküste durch Argentinien zurück in Richtung Norden mit dem Ziel Buenos Aires.

Hier genossen wir die Gastfreundschaft im Haushalt einer Schauspielerin und konnten auf einem Kurztripp nach Uruguay (nur ein paar Stunden Fahrt von Buenos Aires) unseren Jeep günstig an dem Mann bringen. Unser Flug zurück nach Europa war schon gebucht aber wir hatten noch zwei Wochen Zeit, in denen wir mit dem Rucksack auf dem Rücken, einem Zelt unter dem Arm und dem Daumen hoch durch den Norden Argentiniens trampten, ein deutsches Dorf besuchten, erlesenen Wein verkosteten und eine Menge über Ernesto Che Guevara lernten, dessen Jugendheim wir besuchten.

Das Bett des kleinen Che!

Zurück in der Heimat wurde es hektisch. Wir brauchten Jobs, für den Sommer in Norwegen und für den Herbst und Winter in Deutschland. Wir hatten Glück. In Norwegen fanden wir einmal mehr Unterschlupf bei Linn Charlottes Eltern und arbeiteten als Ferienaushilfe in der Fleischfabrik. In Deutschland wurden wir bei einem ehemaligen Norwegischschüler von Linn Charlotte aufgenommen. Gleichzeitig konnte Linn Charlotte in seiner Firma arbeiten während Paul eine Halbtagsstelle als Lehrer an einer Privatschule und eine Handvoll Instrumentalschüler bekam.

Die Zeit zu Hause verging viel zu schnell und noch bevor wir Zeit hatten, uns an den deutschen Alltag zu gewöhnen, saßen wir schon wieder im Flugzeug, diesmal in Richtung Guatemala. Fast achtzehn Monate hatten wir unsere „Amanda-Trabanthea“ nun schon nicht mehr gesehen und hatten ein wenig Angst davor, wir es ihr wohl geht. Der große Schock blieb aus, dennoch wurden die Projekte mehr und mehr. Ein neues Vorstag sollte installiert werden, um flexibler bei der Segelführung zu sein, die Maschine brauchte dringend ein wenig Liebe und wir mussten an Land, um den Rumpf zu malen und die Seeventile zu wechseln.

Achtzehn Monate lang lag unsere Amanda im Dschungel

Dazu kamen etliche kleinere Reparaturen so dass wir am Ende sechs Wochen lang fast 12 Stunden täglich im Einsatz waren, während unsere Kasse ebenso schnell dahin schmolz, wie sie sich im halben Jahr davor gefüllt hat. Endlich war es aber so weit, Amanda stand wieder unter vollen Segeln, dieses Mal sogar noch um eines reicher und war auf dem Weg nach Mexiko und dann Kuba. Viele waren besorgt und sogar böse mit uns, dass wir uns noch in der Hurrikansaison auf den Weg machten und tatsächlich tobte fast zeitgleich ein Tropensturm, der Haiti und den Südosten Kubas hart traf. Wir hatten täglich ein Auge auf das Wetter, waren klar, im Falle eines Falles um zu drehen und kamen nach zwei Wochen zwischen Flaute und hartem aufkreuzen unbeschadet auf Kuba an.

Gegen den Passat zu segeln ist nicht einfach. Wir lebten über Tage mit dreißig Grad Krängung.

Während unseres Aufenthaltes in diesem herrlichen Land starb Fidel Castro, der Führer der Kubanischen Revolution, Präsident Kubas und persönlicher Freund Che Guevaras im Alter von neunzig Jahren. Wir sahen ein Land in Trauer während uns die Nachrichten im Internet ein Volk in Erleichterung verkaufen wollte.

Ein Land trauert um seinem Präsidenten und Helden.
Wir wurden mit einem einfachen Kran an Land gesetzt. Alles war „schnell schnell!“ Zur Belohnung durften wir in Jamaica alles noch einmal machen.

Während eines Segeltörns in Kuba mussten wir einen schweren Schaden am Rumpf feststellen, der vor allem Paul an den Rand der Verzweiflung brachte. Die Versuchung, alles hinzuschmeißen, war groß. Nach einem missglückten Reparaturversuch in Kuba segelten wir dann jedoch vorsichtig nach Jamaica und fanden dort die Hilfe, die wir brauchten, um unser Boot einmal mehr wieder fit zu machen.

In Jamaica bekamen wir dann endlich die Hilfe, die wir so dringend nötig hatten.

Die Idee mit Patagonien haben wir allerdings begraben müssen. Zum einen hatten wir nach dieser Episode nicht mehr genug vertrauen in unser Material, zum anderen hat es uns so viel Zeit gekostet, dass wir es ein Jahr hätten verschieben müssen. Dann also doch die leichte Variante durch den Panamakanal, um die Welt wollten wir jetzt rum, es konnte doch nicht alles umsonst gewesen sein!

Der Panamakanal wird von Seglern immer gern als große Hürde und bürokratischer Molloch beschrieben. Naja, es war ein bisschen kompliziert, aber wenn man sich ein bisschen auf das Mittelamerikanische Temperament einstellt und sich nicht von verrückt machen lässt von allen, die einem erzählen, wie fürchterlich und teuer alles ist, kann es richtig Spaß machen. Uns hat es jedenfalls Spaß gemacht. Insgesamt sind wir drei mal (zwei Mal als helfende Hände bei anderen Booten und natürlich mit unserem eigenen) durch die altehrwürdigen Schleusen gefahren, die zwei Weltmeere verbinden.

Im Kanal

Dann war es plötzlich soweit. Nach Jahren planen, Pläne verwerfen, Bücher lesen und Träumen lag „Amanda-Trabanthea“ vor der Skyline von Panama City, wir waren im Stillen Ozean. Und der ist gewaltig groß. Zwischen Panama City und Hiva Oa, einer Insel in den Marquesas, Teil von französisch Polynesien und unser nächster Landfall, lagen fast 4.000 Seemeilen und es sollte 46 Tage dauern, bis wir unsere Füße wieder auf dem trockenen hatten. Unterwegs hatten wir Sturm, Flaute, Gewitter, Sonne, Wale, Delphine, Helikopterbesuch, Fische am Haken, einen Haingriff auf einen Fisch am Haken, wir überquerten den Äquator insgesamt drei Mal und und und. Es war alles, nur nicht langweilig.

Wind von hinten und Bug in Richtung Westen. Sechs Wochen nichts als Wasser um uns herum

In Französisch Polynesien lebten wir für ein paar Wochen das Klischee der Südsee. Wir segelten in Korallenatolle, schnorchelten mit den Einheimischen und fingen Fische mit der Harpune. Frische Kokosmilch war fester Bestandteil unserer täglichen Ernährung. Paradiesische Zustände bis wir eines Abends bei der Einfahrt in ein Atoll in Gegenstrom und Meter hohe Wellen gerieten. Zwanzig Minuten lang wurden wir von Backbord nach Steuerbord geworfen, Wellen setzten das Cockpit unter Wasser und ein Mannschaftsmitglied wurde verletzt, als Linn Charlotte bei einer Halse auf die andere Sitzbank auf ihren Schoß geworfen wurde. Wir hatten jedoch mal wieder Glück im unglück und saßen nach einer Stunde wohlbehalten bei einer Flasche Rum am Tisch, während die Haie Kreise um’s Boot zogen.

Kokoswald

Da wir Heimweh haben und auch unsere Ersparnisse nicht mehr ewig reichen, mussten wir ein wenig Gas geben und daher entschieden wir uns dafür, den Pazifik recht schnell zu durchqueren und nach kurzen Stopps in Bora Bora, Tonga und Fiji kamen wir Ende August in einem Land an, von dem in Deutschland sicher die wenigsten schon einmal gehört haben, das für uns aber durch die Erzählungen und Bücher anderer Abenteurer eine magische Anziehungskraft hatte, Vanuatu.

Port Vila

Wir hatten uns für Vanuatu ungefähr drei Wochen Zeit nehmen wollen, sind nun aber schon seit drei Monaten hier. Warum? Schuld ist eine kleine Schule unter einem großen aktiven Vulkan und ein kleines Dorf, in dem die Menschen zu einem großen Teil noch leben wie vor 1.000 Jahren, mit dem kleinen Unterschied, dass sie gerade ein brandneues Computer Kabinett bekommen haben. Wir waren durch Zufall zur rechten Zeit am rechten Ort und nun ist es unsere Aufgabe, einer Gemeinschaft von neugierigen und aufgeschlossenen Menschen zwischen Lagerfeuer, Bambushütte und Smartphone den Umgang mit dem Computer und dem Internet zu vermitteln. Dass das nicht ganz einfach ist, versteht sich von selbst, nicht zuletzt, weil wir erst mal eine neue Sprache lernen müssen. Wie es uns inzwischen erging erzählen wir euch demnächst und nicht erst in zwei Jahren, ich schwör!

Eure Crew der „Amanda-Trabanthea“

Wir kreuzen den Äquator